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Nachhaltiges Sanieren mit BIM: Lösungen für den Klimaschutz

Zu personalintensiv, zu langsam, zu kleinteilig, zu analog – allein mit konventionellen Sanierungsverfahren lassen sich die Klimaziele im Gebäudesektor nicht erreichen. Ein Ausweg lautet nachhaltiges Sanieren mit vorgefertigten und teils in Serie hergestellten Bauelementen. Der innovative Ansatz denkt energetische Modernisierung neu – digitalisierter, automatisierter, standardisierter. So können mit den zur Verfügung stehenden Fachkräften mehr Gebäude in kürzerer Zeit auf den klimaneutralen NetZero-Standard gebracht werden. Dieser Beitrag über nachhaltiges Sanieren gibt einen Einblick in den idealtypischen digitalen Workflow und die Hürden, die es noch zu überwinden gilt.

Bestandssanierung beziehungsweise -revitalisierung ist ein komplexer Prozess, bei dem unterschiedliche Gewerke koordiniert miteinander kommunizieren und kooperieren müssen. In der Regel arbeitet jedes Gewerk mit Planungslösungen, die auf die jeweilige Aufgabe zugeschnitten sind. Das führt häufig zu Reibungsverlusten. Die im Bauwesen vorherrschende lineare Planung stößt beim Thema nachhaltiges Sanieren mit vorgefertigten Komponenten an ihre Grenzen. Da die Planungsphasen parallel verlaufen und alle Projektbeteiligten frühzeitig in den Prozess eingebunden werden müssen, ist ein ganzheitlicher Planungsansatz notwendig. Building Information Modeling (BIM) ist hier eine optimale Basis für die gewerkeübergreifende Kollaboration und das vernetzte Arbeiten zwischen allen Akteuren. Sämtliche Gebäudeinformationen fließen in einem dreidimensionalen Modell zusammen. Durch die Integration aller Projektpartner können Planungen und Prozesse optimal aufeinander abgestimmt werden. Das Ergebnis: Revitalisierungsprojekte werden präziser gedacht, geplant und gebaut. Kosten sinken, Bauzeiten werden verkürzt, die Planungs- und Ausführungsqualität steigt.

Nachhaltiges Sanieren im gewerblichen Bau: Vorgefertigte Fassaden bringen mehr Tempo in den Prozess.
Bild: dena | Claudius Pflug

Nachhaltiges Sanieren: 3D-Scan und digitaler Zwilling

Bestandsgebäude stecken voller Überraschungen. Häufig liegen keine, unvollständige oder fehlerhafte Planungsunterlagen vor. Gerade Wohngebäude, die auf den ersten Blick gleich aussehen, können sich im Detail unterscheiden. Deshalb startet gerade nachhaltiges Sanieren, bei dem vorgefertigte Elemente zum Einsatz kommen, mit einem exakten Aufmaß. Dabei werden die Bauwerke per 3D-Laserscan und Drohnentechnik millimetergenau von außen und innen vermessen. Aus den zu einer Punktwolke verdichteten Messdaten wird ein BIM-Modell generiert, das die Planungsgrundlage für die Produktentwicklung und Vorfertigung der Module bildet.

Perspektivisch werden immer zwei Gebäude saniert – ein virtuelles und ein reales. Ganz gleich, ob es sich um ein Wohngebäude oder eine Gewerbeimmobilie handelt, das aus dem Aufmaß generierte BIM-Modell wird über den gesamten Lebenszyklus mit weiteren Daten angereichert und zu einem digitalen Zwilling des echten Gebäudes weiterentwickelt. An ihm planen die beteiligten Akteure nachhaltiges Sanieren im Detail, bevor sie am realen Bauwerk Realität wird.

Nachhaltiges Sanieren hat den Net-Zero-Standard zum Ziel. Wie dieser erreicht wird, bleibt Architekten und Planern überlassen. Am digitalen Zwilling können mithilfe KI-basierter Algorithmen eine Vielzahl unterschiedlicher Entwurfsvarianten unter Berücksichtigung der geltenden Normen, Richtlinien und baurechtlichen Vorgaben durchgespielt werden. Innerhalb kürzester Zeit lässt sich auf diese Weise die energieeffizienteste, kostengünstigste oder ressourcenschonendste Sanierungsvariante finden. Digitale Tools und KI erleichtern zudem die Entwicklung maßgeschneiderter erneuerbarer Energiekonzepte.

Nachhaltiges Sanieren: Die Detailplanung erfolgt am digitalen Zwilling.

Nachhaltiges Sanieren: An einem zum digitalen Zwilling weiterentwickelten BIM-Modell planen die beteiligten Akteure das Projekt im Detail.
Bild: dena | Andrea Müller

Vorfertigung und Montage „just in time“

Was am digitalen Zwilling geplant wurde, bildet die Datengrundlage für den automatisierten Fertigungsprozess. Gerade bei Wohngebäuden werden Fassadenkomponenten inklusive Dämmung, Fenstern, Lüftung, Leerrohren, Rollläden und gegebenenfalls auch mit integrierten TGA-Lösungen sowie der gewünschten Oberfläche komplett im Werk vorgefertigt. Nachhaltiges Sanieren mit Serienelementen bei Ein- und Mehrfamilienhäusern bedeutet nicht, dass das immer Gleiche in hoher Stückzahl repliziert wird. Jedes Modul ist eine Maßanfertigung, die nur an einer bestimmten Stelle des Gebäudes passt. Damit auf der Baustelle alles wie am Schnürchen läuft, können Bauabläufe am digitalen Zwilling durchgespielt werden.

Rund drei Viertel der 22 Millionen Gebäude in Deutschland müssen in den nächsten Jahren fit für die klimaneutrale Zukunft gemacht werden. Kreislauffähigkeit ist in puncto nachhaltiges Sanieren kein Muss, perspektivisch aber ein großes Plus. Denn vorfertigte Fassaden-, Dach- und Technikmodule können bei einem Rückbau nach Jahren zu Materiallagern werden – wenn die Weichen schon während der Planung in Richtung Zirkularität gestellt werden. Ein Projektbeispiel von Vollack im Bereich nachhaltiges Sanieren unter Verwendung von vorgefertigten Fassadenkomponenten ist die „Mall of BR“. Die ehemalige Fahrzeughalle von Berlin Recycling hat die Vollack Einheit Berlin/Brandenburg in einen nachhaltigen, flexiblen Office Space umgebaut. Die Revitalisierung verbindet Vorfertigung mit kreislauffähiger Konstruktion und gilt als zirkuläres Vorzeigeprojekt.

Ausblick: BIMreadiness für nachhaltiges Sanieren nutzen

Noch ist BIM in der deutschen Baubranche wenig verbreitet. Studien zufolge liegt der aktuelle Anteil von BIM-Projekten am gesamten Projektvolumen im einstelligen Prozentbereich. Trotzdem dürfte sich der modellbasierte Planungsansatz für nachhaltiges Sanieren mit Vorfertigung in Teilbereichen schneller durchsetzen. Einerseits, weil ein kollaborativer Workflow entlang der gesamten Wertschöpfungskette notwendig ist. Andererseits, weil die Branche aufgrund ihres hohen Technisierungsgrads schon weitestgehend BIM-tauglich ist. Noch fehlt es an Standards, Know-how und auf die spezifischen Bedürfnisse zugeschnittenen Schulungsangeboten. Doch diese Hürden sind überwindbar. Ja, BIM bedeutet einen Paradigmenwechsel. Es verändert das Planen, Bauen und Sanieren komplett. Der Umstieg lohnt sich. Der Mehrwert spricht für sich.

Unsere Gastautorin

Ariane Steffen arbeitet als Kommunikationsexpertin Innovation & Transformation im Kompetenzzentrum Serielles Sanieren der Deutschen Energie-Agentur (dena). Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fungiert das Kompetenzzentrum als zentrale Anlaufstelle zu allen Fragestellungen rund um das serielle Sanieren. Die Beratungs- und Unterstützungsleistungen reichen von der Gebäudeauswahl, Konzeptentwicklung und Fördermittelberatung über Portfolioanalysen, Pilotprojekte und Produktentwicklungen bis hin zum Abbau regulatorischer Hürden. Regelmäßige Kick-off-Workshops, Fördertalks, Exkursionen zu seriellen Sanierungsprojekten sowie Networking-Events runden das kostenlose Angebot ab. Weiterführende Informationen finden Sie hier.

Kontaktieren Sie Ariane Steffen auf LinkedIn.

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